Donnerstag, 9. Mai 2013

Round-up

Ich mag keine Posts in eigener Sache, möchte diesem hier aber dennoch eine kurze Erklärung voranstellen: Ich bin den kompletten April über nicht zum Bloggen gekommen – nicht, weil ich die Lust daran verloren hätte, sondern weil ich von Angelegenheiten, die nichts oder nur sehr wenig mit phantastischer Literatur zu tun haben, stark in Anspruch genommen war. Damit ist es jetzt erst mal vorbei, und ich freue mich auf ein paar Tage Urlaub mit’m Fahrrad. Danach geht es hier hoffentlich weiter wie gehabt. Heute aber noch ein paar phantastikrelevante Bemerkungen zu Themen und Ereignissen, die mich in den vergangenen Wochen trotz allem Abgelenktsein beschäftigten.

Zunächst eine traurige Nachricht: Ray Harryhausen ist tot. Geht es um die Geschichte des Fantasyfilms, wird gerne behauptet, dieser habe um 1980 herum seinen Anfang genommen, etwa mit John Milius’ Conan the Barbarian oder Ralph Bakshis The Lord of the Rings und Fire and Ice. In den 90ern sei der Fantasyfilm weitgehend in der Versenkung verschwunden und dann durch Peter Jackson wiederbelebt worden. Damit wird Fantasy wieder einmal auf tolkieneske High Fantasy und howardeske Sword & Sorcery reduziert, was ich überhaupt nicht mag. In diesem konkreten Fall mag ich den Reduktionismus nicht, weil er die reichhaltige Tradition von Filmen der klassischen Hollywood-Ära, die Mythen, Questen und Monster zum Gegenstand haben, aus der Geschichte des Genres herausschreibt. Und niemandes Werk ist für diese Filmtradition von größerer Bedeutung als das des Stop-Motion-Künstlers und Produzenten Harryhausen, der vorgestern in London gestorben ist. Ich muss die Titel der Filme mit seinen berühmtesten Animationen nicht eigens aufzählen, und erlaube mir stattdessen folgenden Hinweis: Es sind nicht allein die Animationen, die den Charme dieser Werke ausmachen. Wenn Hera und Zeus in Jason and the Argonauts über die Fährnisse der Menschen plaudern wie ein Suburbia-Ehepaar über die letzte Folge seiner Lieblingssoap, dann ist das für mich Quelle von nicht enden wollendem Vergnügen.

Sodann habe ich die Freude, mein neues Blog vorzustellen: Arcana publicata. Diese Idee ist quasi aus einer Verlegenheit heraus entstanden. Ich fühle mich oft zwischen zwei Anliegen hin- und hergerissen. Einerseits glaube ich fest daran, dass es so etwas wie ein Recht auf Spinnerei gibt. Ohne exzentrische Weltsichten und fixe Ideen wäre das Leben langweiliger. Mit Menschen, die sich dem Glauben und der Hoffnung hingeben, in den Wäldern von Washington oder British Columbia eines Tages dem mächtigen Sasquatch zu begegnen, kann ich nur sympathisieren. Andererseits ist Obskurantismus jeder Art gefährlich, und allzuoft teilt er sich mit charmanten Spinnereien wie der, sich auf die Suche nach Bigfoot zu machen, das gleiche folkloristische Material. Die Lichter eines Ufos am nächtlichen Himmel haben etwas Faszinierendes. Der Glaube, dass in naher Zukunft eine außerirdische Flotte im Verbund mit Neuschwabenlandnazis auf der Erde landen wird, um sich des bedrohten Ariertums anzunehmen, ist dagegen im höchsten Maße abstoßend – und die Übergänge sind oft fließend. Die Frage, wie (oder ob überhaupt) exzentrische Auffassungen von faschistoidem Dunkelmännertum unterschieden werden können, treibt mich deshalb schon lange um. Befeuert wird sie immer wieder durch meine Phantastiklektüre, denn dass zwischen Phantastik, Pseudowissenschaften und Esoterik eine ständige gegenseitige Beeinflussung stattfindet, ist bekannt (einige Beispiele finden sich in meinem Blogpost »Dunkle Pilze«). Und da mir immer mal wieder Bücher aus dem Bereich der Esoterik, der Verschwörungstheorien und der Pseudowissenschaften in die Hände fallen, habe ich beschlossen, über meine diesbezüglichen Erfahrungen ein Blog zu führen.

Dabei ist meine Absicht, auf Arcana publicata in eher unregelmäßigen Abständen zu posten. Für eine systematische Auseinandersetzung mit dem Thema fehlt mir die Zeit, aber hin und wieder juckt es mich in den Fingern, und dann ist ein Blog ein gutes Ventil. Das Hermanstädter Gewässer wird also nicht, das möchte ich ausdrücklich betonen, zugunsten eines neuen Blogprojekts trockengelegt, sondern wie bisher weitergeführt.

Zum Schluss noch einige Bemerkungen zu einer Episode, die vergangenen Monat für leichte Unruhe in der Buchblogszene gesorgt hat. Rezensionsexemplare von Blanvalet und anderen Random-House-Verlagen kommen jetzt anscheinend mit einer Art Gebrauchsanweisung, die sich stellenweise ein klitzeklein wenig bevormundend liest. Da wundert es mich nicht, dass einige sich aufgeregt haben. Hätte mir auch passieren können. Mir scheint das Problem dieses Rezensionsbeipackzettels aber zu sein, dass er Dinge, die sich im Grunde von selbst verstehen, mit anderen vermischt, die durchaus als Zumutung empfunden werden können. So finde ich es nicht weiter kontrovers, wenn darauf bestanden wird, dass eine Rezension auf einem Blog oder einem YouTube-Kanal veröffentlicht werden sollte, während ein paar in die Bewertungsmaske einer Amazon-Buchseite getippte Zeilen nicht als ausreichend gelten. Ebensowenig muss darüber gestritten werden, dass der Verlag einen Beleglink zugeschickt bekommt und aus der Rezension zitieren darf. Geradezu hoch anzurechnen sind der Presseabteilung von Blanvalet & Co. die Hinweise, dass eine Rezension mehr sein sollte als ein umformulierter Klappentext bzw. dass von der Verlagsseite heruntergeladene Cover eingebunden werden können. Das eine zeigt, dass die Verlage nicht ausschließlich auf Werbung aus sind, das andere befreit Blogger_innen von Zweifeln an der Rechtlichkeit ihres Vorgehens.

Ganz anders verhält es sich in meinen Augen jedoch mit Vorgaben wie der, dass eine Rezension mit einem Link zu Amazon oder zur Verlagsseite versehen sein sollte. Dazu kann ich nur sagen: Wenn Leser_innen meines Blogs ein hier rezensiertes Buch online kaufen wollen, dann traue ich es ihnen zu, dass sie die Mittel und Wege dazu selber kennen. Und wenn sie lieber zum Buchladen an der Ecke oder in die nächstgelegene öffentliche Bibliothek gehen, dann werde ich sie mit Sicherheit nicht mit kommerziellen Links umzustimmen versuchen. Kurzum: Ich will, dass lesende Menschen sich Bücher auf die Art und Weise verschaffen, die ihnen selbst am besten passt. Ganz ähnlich sehe ich die Aufforderung, Rezensionen doppelt und dreifach zu posten. Warum sollte ich so etwas tun? Ich stelle mich ja auch nicht in die Fußgängerzone und verteile Printversionen meiner Buchbesprechungen.

Um es noch einmal zu betonen: Das Problem ist nicht, dass Verlage Rezensionen als Werbung ansehen. Das Problem beginnt da, wo Verlage dem Glauben verfallen, die Rezensent_innen müssten die Sache genauso sehen. Es täte allen Beteiligten gut, dies im Blick zu behalten.

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Foto-Disclaimer

Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.