Samstag, 31. März 2012

Priest, Rant, Clarke Award

Keine Ahnung, ob alle bereits alles gesagt haben, was sie zu Christopher Priests Rant gegen die diesjährige Shortlist des Arthur C. Clarke Awards sagen wollen. Aber da momentan ja ganz gern über den Sinn und Unsinn von Genrepreisen diskutiert wird, gibt es an dieser Stelle schon mal eine kleine Link-Rundschau:
  • Christopher Priest findet, dass einige der auf der Shortlist versammelten Romane (insbesondere die von Charles Stross und China Miéville, der den Clarke Award routinemäßig gewinnt) darauf nichts zu suchen haben, während andere, die auf der Liste stehen sollten (z.B. Lavie Tidhars Osama), dort nicht zu finden sind: »Hull 0, Scunthorpe 3«. Er schlägt vor, die Preisverleihung für dieses Jahr auszusetzen und die Jury zu feuern. Er betont außerdem, dass sein Rant nicht dadurch veranlasst sei, dass sein eigener Roman nicht für die Shortlist ausgewählt wurde.
  • Damien G. Walter verkündet, er wolle Priests Vorpreschen psychologisch ergründen (»Understanding Christopher Priest«), was in diesem Fall schlicht heißt: Er unterstellt Priest Neid. Priest sei früher neidisch auf den erfolgreicheren Kollegen J.G. Ballard gewesen, nur um mittlerweile auf die gesamte Riege der gegenwärtigen SF-Autor_innen neidisch zu sein. So!
  • John Scalzi sieht das nicht ganz so aufgeregt und findet stattdessen, Priest solle in die Jury des Clarke Awards zwangsversetzt werden: »Christopher Priest Shouts at Clouds«.
  • Das OF Blog ist der Meinung, »strong, snark dissension« habe einen rechtmäßigen Ort in Genrediskussionen und plädiert deshalb dafür, man solle Priest gewähren lassen. Er empfiehlt, einfach die Titel auf der Shortlist (mit Ausnahme von Charles »Internet Puppy« Stross) zu lesen und dann die Diskussion fortzusetzen.
  • Pat’s Fantasy Hotlist postet, wie immer, nur einen Blurb und zwei oder drei Sätze mit Ausrufezeichen ringsherum: »Kaboum! Holy shit! Christopher Priest goes all out! What the fuck?« Ja, Pat, ist ja gut. Danke. Was? Nein, schon in Ordnung. Weiter im Text.
  • Catherynne M. Valente ist nicht einverstanden mit Priest, findet seinen Beitrag aber lesenswert. Dann sagt sie das, worauf die debattierenden Herren von selber wohl nicht kommen würden: »[L]et’s be honest, I couldn’t get away with it. If I posted that shit? I’d never hear the end of what a bitch I am.«
  • Jeff VanderMeer widmet der Diskussion einen seiner Evil-Monkey-Dialoge, obwohl er (behauptet er) lieber arbeiten würde. Glaube ich ihm nicht. Ansonsten stimmt er Priest punktuell zu und würdigt ausdrücklich die Beiträge von Valente und Scalzi: »Evil Monkey, Christopher Priest, and the Arthur C. Clarke Awards«.
  • Das Blog des Fandom Observer kommentiert die Affäre nicht weiter, grenzt Priests Vorstoß aber wohlwollend gegenüber Michael K. Iwoleits nach hinten losgegangener Attacke gegen den Deutschen Science-Fiction-Preis im letzten Jahr ab: »Christopher Priest: ›Schmeißt die Jury raus!‹«.
  • E-Book-Autorin Cora Buhlert muss über Priests Auslassungen zur gegenwärtigen Hard SF grinsen und steuert einen Haufen weiterer Links mit Wortmeldungen zur Debatte bei: »The Latest Genre Dust-up«
  • John Scalzi schreibt einen »Quick Follow-up« (ebenfalls mit weiteren Links zur Sache), indem er sich noch mal stärker von Damien G. Walters Küchenpsychologie distanziert. Interessant, weil Priest sich hier selber an der Kommentardiskussion beteiligt. 
  • Cora Buhlert hat noch mehr Links: »More Christopher Priest versus the Clarke Awards«. Außerdem weist sie interessanterweise darauf hin, dass Deutschland »a tradition of snarky and sometimes downright rude literary critics« habe und greift Valentes Hinweis auf, dass Männer in solchen Literaturdebatten viel grobianistischer auftreten dürfen als Frauen – man vergleiche nur mal, was mit Marcel Reich-Ranicki passiert ist, als er das Fernsehen bashte (er durfte erklären, was er meint), und was mit Elke Heidenreich (sie wurde gefeuert). Lesenswerter Post. 
  • Jim C. Hines ist der erste, der seinen Post auf kompromisslos parteiliche Weise betitelt: »In Defense of Christopher Priest«. Ganz nebenbei erklärt er, warum es eigentlich ganz nachvollziehbar ist, dass der Clarke Award ständig von China Miéville gewonnen wird – er ist einfach sexy: »Imagine those poor judges, trying so hard to select books based on merit, all the while imagining Mieville’s smoldering good looks…«
  •  Einen deutschsprachigen Diskussionsthread zum Thema gibt es in diesem Forum
So weit erst mal. Man weise mich darauf hin, wenn ich etwas Interessantes übersehen habe. Ach ja, hier noch der Link zum T-Shirt. Keine Nerd-Debatte ohne Merchandising-Artikel.

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Foto-Disclaimer

Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.